Für dieses Jahr habe ich mir ja vorgenommen, mehr Hosen und Jacken zu nähen und so bleibe ich am Hosen-Thema dran und nähe mich durch meine angesammelten Hosenschnitte. Heute zeige ich euch Tessa von Seamwork.
Tessa ist ein High-Waist-Jeansschnitt mit geradem Bein und entspricht damit ziemlich genau meinem Beuteschema.
Ich war im März beim Nähcamp in Jever und hatte mir da die fertig zugeschnittene Tessa mitgenommen, weil ich dachte, dass sich so eine Jeans mit so viel Nähzeit am Stück doch sicher ganz wunderbar und entspannt nähen ließe... Ich spoilere mal: wunderbar und entspannt war es nicht gerade, aber es ist eine Jeans geworden.
Ich hatte zu Hause schonmal die Anleitung gelesen, alles komplett zugeschnitten und sogar schon Vlieseline aufgebügelt. Am Samstag morgen startete ich also ganz entspannt mit dem Nähen der Jeans. Man beginnt mit den vorderen Taschen, das ging auch alles wunderbar und ich kann mich ja auch für schönes Topstitching begeistern (Hach!). Dann ging es an das Einnähen des Reißverschlusses und es wurde weniger wunderbar: irgendwie sahen meine Vorderteile nämlich anders aus, als auf der Abbildung in der Anleitung. Mir dämmerte, dass ich wohl schon beim Ausschneiden des Papierschnittes den Untertritt abgeschnitten hatte (keine Ahnung, warum) und so hatte ich natürlich auch den Stoff ohne Untertritte zugeschnitten. (Imaginiert euch bitte hier das Geräusch eines Kopfes, der mehrfach auf die Tischplatte geschlagen wird.)
Ich verbrachte nun einige Zeit damit, diese Reissverschlusskonstruktion zu verstehen (warum auf beiden Seiten Untertritte??), mir das ganze bei einer gekauften Jeans mehrfach anzusehen und löste das Problem schließlich damit, dass ich mir von einer Nähfreundin ein Reststück Stoff von ihrer Jacke, die sie gerade nähte, schenken ließ, daraus einen Untertritt zuschnitt und an der Seite, wo ein Untertritt nötig ist, annähte. Glücklicherweise sieht man Untertritte von außen ja nicht. Kurz dachte ich, ich könnte aber JETZT entspannt und wunderbar diese Jeans wegnähen, nur kam mir da leider die Anleitung dazwischen. Die ist an dieser Stelle nämlich meiner Meinung nach nicht besonders toll. Oder zumindestens missverständlich. Letztlich habe immer in die Anleitung geguckt, gedacht "ach SO geht das", genäht, mir das Genähte angeguckt, gedacht "nee, so kann das doch nicht funktionieren!" und alles wieder aufgetrennt, nochmal in die Anleitung geguckt, "???" gedacht, intensiv nachgedacht und genäht... Schritt für Schritt habe ich es mit dieser Methode doch noch zu einem funktionierenden Jeansreissverschluss gebracht, nicht perfekt, aber okay. Und es hat auch nur wenige Stunden gedauert!
Immerhin konnte ich nach diesem Abenteuer relativ entspannt die rückwärtigen Taschen aufsetzen und die Beinnähte schließen und alles absteppen. Als ich am Samstag Abend schlafen ging, fehlte nur noch der Bund und die Gürtelschlaufen. Letztere hatte ich auch schon vorbereitet.
Die Bundkonstruktion ist so, dass es einen rechten und einen linken Bundteil gibt (die nicht symmetrisch sind!), somit hat der Bund eine Teilungsnaht in der hinteren Mitte. (Gut für Anpassungen) Beide Bundteile werden doppelt zugeschnitten, weil man natürlich einen äußeren Bund und einen inneren Bund braucht. Die Anleitung sieht vor, dass beides aus dem Jeansstoff zugeschnitten wird und das habe ich auch so gemacht. Außerdem soll der INNERE Bund mit Vlieseline verstärkt werden. Möglicherweise ahnt ihr schon, was gleich kommt... Die Vlieseline hatte ich ja schon zu Hause aufgebügelt.
Am Sonntag startete ich also motiviert in den Tag ("Gleich hab ich diese blöde Hose endlich fertig!"), nähte nach Anleitung den Bund zusammen, die mit Vlieseline verstärkten Teile waren natürlich die vom inneren Bund. Die Gürtelschlaufen werden hier an der Oberkante zwischengefasst und, damit sie nicht verrutschen, auf der Nahtzugabe angeheftet. Ich steckte den Bund an die Hose achtete auf alle Passzeichen und wunderte mich: auf der einen Seite war er vorne zu kurz und auf der anderen zu lang... seltsam! Anscheinend hatte ich die Vlieseline auf den ÄUSSEREN Bund gebügelt. (Imaginiert euch bitte an dieser Stelle mehrfaches Kopf auf den Tisch schlagen!)
Ich habe dann alles wieder ab- und aufgetrennt und auch die gehefteten Gürtelschlaufen getrennt und an meiner fertigen Hose ist jetzt halt der äußere Bund verstärkt. Sieht man ja nicht.
Irgendwann war mir dann auch alles egal, ich wollte nur noch fertig werden. Dass natürlich beim Topstitching vom Bund schon nach 5cm der Unterfaden alle war, was ich aber natürlich erst am Ende der Naht bemerkte, will ich hier mal nur der Vollständigkeit erwähnen. Die eine oder andere Gürtelschlaufe ist jetzt schief angetackert oder mit einer zu langen Naht- hätte ich normalerweise getrennt und nochmal ordentlich gemacht. Hier ist das jetzt einfach so.
Immerhin: Die Hose passt! Da meine Oberschenkel nicht so gerade geschnitten sind, wie die Hose das vorsieht, habe ich an der Stelle die Seitennähte ein bisschen ausgelassen. Das war es aber auch schon an Änderungen. Bei der nächsten Tessa (ja, ich kann mir vorstellen noch eine zu nähen- nach einer angemessenen Pause) würde ich die Leibhöhe vorne 2-3 cm niedriger machen und in der hinteren Mitte ca 1cm wegnehmen. Davon abgesehen sitzt sie echt ziemlich gut. Außerdem ist sie bequem und ich kann mich darin bewegen. :)
Grundsätzlich bekommt der Schnitt von mir eine Empfehlung, aber näht den Reissverschluss nach einer bewährten Anleitung ein! (Und überprüft VOR dem Aufbügeln, ob ihr wirklich die richtigen Bundteile erwischt habt!)
Zur Anleitung habe ich noch eine kleine Kritik: zu Beginn ist die sehr ausführlich und es wird jeder Schritt sehr genau beschrieben, wo man jetzt versäubern muss und in welche Richtung gebügelt wird usw. Irgendwann hört das aber auf, dann muss man mitdenken und selber darauf kommen, dass man die Taschen vielleicht noch versäubern sollte, bevor man sie aufnäht oder dass man die Naht besser noch bügelt, bevor man sie absteppt. Ich habe überhaupt nichts gegen Anleitungen, bei denn man mitdenken muss, aber ich habe es gerne konsistent. Also entweder komplett ausführlich oder komplett zum Mitdenken, wenn es sich mittendrin einfach ohne Vorwarnung ändert, finde ich das immer nicht so toll.
Insgesamt bin ich jetzt aber doch noch ganz glücklich mit meiner Tessa und bin froh, dass ich sie mit auf dem Nähcamp hatte. Andernfalls wäre sie nämlich wahrscheinlich ein UFO geworden...
Und hier geht es zum heutigen MMM, mit hoffentlich glücklicheren Nähgeschichten. :D
Beide Shirts: Birgitte Basic Tee von Maria Denmark
Bunte Strickjacke: Westigan von Lillesol&Pelle, gekürzt
Gelbe Strickjacke: Basic Cardigan von Lillesol&Pelle